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Der 40. Tag der Landesgeschichte in der Schule fand am Montag, den 23. Oktober 2017 in
Karlsruhe statt und stand unter dem Leitthema „Heimat und Fremde – Perspektiven für das
historische Lernen“. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch die Tagungsleiter Prof. Dr.
Gerhard Fritz (Pädagogische Hochschule Schwäbisch-Gmünd), Dr. Rainer Hennl (Regierungspräsidium
Karlsruhe) und Prof. Dr. Frank Meier (Pädagogische Hochschule Karlsruhe) wurde
der 13. Band der Reihe „Landesgeschichte in Forschung und Unterricht“ präsentiert, der nunmehr
als E-Book erscheint.
Am Vormittag wurden im Ständehaussaal der Stadt zwei Grundsatzreferate gehalten. Frau Dr.
Wiemann-Stöhr präsentierte die wichtigsten Ergebnisse ihrer bei Prof. Dr. Frank Meier entstandenen
Dissertation mit dem Titel „Die pädagogische Mobilmachung – Schule in Baden im Zeichen
des Nationalsozialismus“. Einige Thesen ihrer umfangreichen Forschungsarbeit stellt sie
in ihrem Beitrag vor. Dabei untersucht sie insbesondere die Vereinnahmung des Heimatbegriffs
durch die Nationalsozialisten und deren Schulpolitik in Baden. Ihr Beitrag ist in der vorliegenden
Ausgabe von „Landesgeschichte in Forschung und Unterricht“ enthalten.
Im Anschluss präsentierte Frau Christiane Torzewski (Stadtarchiv / Historische Museen Karlsruhe)
einen von ihr wiederaufgefundenen Film zu den südwestdeutschen Heimattagen von 1934
in Karlsruhe vor und stellte die darin präsentierten Heimatbilder zur Diskussion. Deutlich
wurde, dass die NS-Propaganda auch althergebrachte Traditionen übernahm, um ihre wahren Absichten zu verschleiern. Der konservative Anstrich ließ die Nationalsozialisten als „Wolf im Schafspelz“ erscheinen und sollte ihre Machtbasis und gesellschaftliche Akzeptanz verbreitern helfen. Statt SA und NS-Organisationen marschierten Trachtengruppen durch die Stadt.
Am Nachmittag fanden mehrere Workshops zu ausgewählten Themen statt:
Die von Dr. Rainer Hennl (Regierungspräsidium Karlsruhe) geleitete Tagungsgruppe stand unter
dem Motto „Die Ambivalenz der Moderne und die Fragilität des Konstrukts Heimat – Beiträge
Karlsruher Juden zur Modernisierung Karlsruhes um 1900 und konservative Gegenstimmen
(Unterrichtsprojekt).
Claus Hanak (Abt-Bessel-Realschule Buchen) gestaltete einen Workshop zum Thema „Vom
geachteten Bürger seiner Heimatstadt zum Außenseiter: Das tragische Schicksal des Buchener Mundartdichters Jacob Mayer (Unterrichtsprojekt)“.
Stadtarchivar Dr. Volker Steck (Stadtarchiv Karlsruhe) führte einige Teilnehmer der Veranstaltung durch die „Straße der Demokratie“ in Karlsruhe. Die Ausstellung im Karlsruher Ständehaus,
in dem die Tagung stattfand, war Ausgangspunkt der kleinen Exkursion. Von dieser Stätte
des ersten deutschen Parlamentes ging es zu verschiedenen Erinnerungsstätten der ehemaligen Residenzstadt. Am Bundesverfassungsgericht endete die interessante Stadtwanderung. Frank Meier plädiert in seinem einführenden Aufsatz für eine Rückbesinnung auf den alten
Heimatkundebegriff unter moderner Perspektive und verbindet diesen mit den Ansätzen des historischen Gedächtnisses und der Geschichtskultur. Statt etwa im Grundschulunterricht von
dem Ansatz der Orientierung in der Welt auszugehen, wie es der neue baden-württembergische
Bildungsplan vorsieht, ist die althergebrachte Orientierung im Nahraum weitaus anschaulicher. Dort, wo die „Welt“ den Nahraum berührt oder in diesen hineinreicht, lassen sich diese Bezüge
geschichtsdidaktisch und unterrichtspraktisch nutzbar machen. Unter den freien Beiträgen finden sich wiederum studentische Aufsätze.
Vanessa Hadeball setzt sich in ihrem Aufsatz ebenfalls mit der Theorie des Heimatbegriffs
auseinander und hinterfragt dessen Definition, Funktion und Problematik im Zusammenhang mit dem Ansatz des außerschulischen Lernens an historischen Orten.
Wenn etwa, wie im Beitrag von Iris Müller zum Hohenstaufen am Beispiel der Stauferstele
deutlich wird, die Staufer mit den politischen, wirtschaftlichen und religiösen Beziehungen
zwischen italienischen und deutschen Machtzentren ein weit verzweigtes Netzwerk schufen, so ist ein mittelalterlicher Erinnerungsraum nicht immer regional begrenzt, müssen Heimat und Fremde trotz geographischer Distanz keine Gegensätze sein. Christoph Strobel zeigt am Beispiel von Landkreiswappen als Relikte der Heimatgeschichte in
Oberschwaben auf, welche Folgen etwa Grenzverschiebungen auf die Gestaltung dieser politischen
Herrschaftszeichen hatten und haben. Maren Schwarz hat in ihrem umfangreichen Beitrag das Kriegstagebuch des Gussenstadter Gefreiten
Georg Held von 1914/15 in mühevoller Arbeit transkribiert und sein erstes Kriegsjahr rekonstruiert, dessen Alltag sich um die alltäglichen Aufgaben und Sorgen der Soldaten bei der
Munitionskolonne drehte, etwa um das Transportieren der Munition oder die Pferdepflege. Das
Tagebuch des einfachen Mannes, dem man eine größere Verbreitung wünschen würde, verrät zwar nichts über große Schlachten, ist aber gerade wegen der Beschreibung der Tätigkeiten in der Etappe eine einzigartige Quelle.
Die Herausgeber danken der Stadt Karlsruhe für die kostenfreie Überlassung des Ständehaussaales
und die großzügige Bewirtung sowie dem Goethe-Gymnasium für die Verfügungsstellung
der Räume für die Workshops am Nachmittag.
Hintergrund. Prävention und Gesundheitsförderung nehmen im Bereich der Demenzforschung einen immer wichtiger werdenden Stellenwert ein. In Abwesenheit eines pharmakologischen Heilmittels stellt Bewegungsförderung einen vielversprechenden Ansatz dar, um hemmend auf die Krankheitsprogression einzuwirken. Dennoch besteht aktuell eine Vielzahl an Forschungslücken hinsichtlich der optimalen Ausgestaltung von Bewegungsangeboten für Menschen mit Demenz, speziell im Hinblick auf das Versorgungssetting Pflegeheim. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, ein praxistaugliches und gesundheitswirksames Bewegungsprogramm für Menschen mit Demenz im Setting Pflegeheim zu entwickeln, umzusetzen und zu evaluieren.
Methode. Die Entwicklung des Bewegungsprogramms erfolgte auf Basis der Methoden-Triangulation eines Systematic Reviews mit Interviews mit Menschen mit Demenz und Partizipationsworkshops mit in Pflegeheimen Tätigen. Das entwickelte Multikomponenten-Bewegungsprogramm wurde für den Zeitraum von 12 Wochen, zweimal wöchentlich mit der Dauer von jeweils 60 Minuten in fünf Pflegeheimen durchgeführt. Die Wirksamkeit des entwickelten Bewegungsprogramms wurde durch ein randomisiertes und kontrolliertes Forschungsdesign überprüft, dabei wurden die Zielparameter Mobilität, erhoben mit der Short Physical Performance Battery (SPPB), dem Timed Up and Go Test (TUG) und dem Ganganalysesystem GAITRite, Aktivitäten des täglichen Lebens, erhoben mit der Bayer ADL-Skala (B-ADL), Lebensqualität, erhoben mit dem QUALIDEM und Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten, erhoben mit dem Assessment der Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten (ACIS), vor (t0) und nach der Intervention (t1) untersucht. Die Umsetzbarkeit des Bewegungsprogramms wurde mittels qualitativen Gruppendiskussionen mit Menschen mit Demenz und Feedback-Fragebögen aus der Perspektive der Trainingsanleiter*innen evaluiert.
Ergebnisse. Insgesamt nahmen 63 Personen mit einem Durchschnittsalter von 86.27 Jahren an der Studie teil. Die Drop-out-Rate lag bei 18.87% und Anwesenheitsrate bei 80.46%. Signifikante Verbesserungen in der Interventionsgruppe zeigen SPPB (t0:3.15 vs. t1:4.50; p=.002), TUG (sec) (t0:34.12 vs. t1:31.96; p=.040), B-ADL (t0:6.37 vs. t1:5.02; p=.012), ACIS (t0:8.75 vs. t1:10.01; p=.003) und die Ganggeschwindigkeit (cm/sec) (t0:46.97 vs. t1:58.04; p=.001). Im Gruppen- und Zeitvergleich weisen SPPB (p=.006) und Ganggeschwindigkeit (p=.007) signifikante Verbesserungen auf. Sowohl die Trainer*innen als auch die Menschen mit Demenz bewerten das Bewegungsprogramm uneingeschränkt als praktisch umsetzbar, an die Bedürfnisse der Zielgruppe anpassbar und freudvoll.
Diskussion. Durch das partizipative Vorgehen konnte ein evidenzbasiertes, praxistaugliches und nachhaltiges Bewegungsprogramm entwickelt werden, das zudem gesundheitswirksame Effekte im Bereich der Mobilität und Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt. Die Studienergebnisse sind für die Entwicklung von Bewegungsempfehlungen für Menschen mit Demenz wegweisend.